WILDLIFEMANAGEMENT UND WOLFSMANAGEMENT

Der Wolf

Wildlifemanagement und Wolfsmanagement

Kaum ein fachlicher Terminus ist momentan so umstritten wie derjenige des Wildtiermanagements. Dies resultiert unter anderem daraus, dass dieser Begriff streng genommen aus dem angelsächsischen Sprachbereich adaptiert wurde und oftmals synonym zu dem traditionellen und in Europa deutlich stärker etablierten Begriff der Wildtierbewirtschaftung gebraucht wird. Für das Management des Wolfes in Deutschland ist dieser Umstand von einer gewissen Tragik geprägt, da die unterschiedlichen Akteursgruppen den Begriff des Wildtiermanagements jeweils völlig unterschiedlich definieren und dabei häufig mit eigenen politischen Zielsetzungen verbinden. Wenn das Wildtiermanagement zukünftig erfolgreich sein soll, dann ist es unumgänglich, sich damit auseinanderzusetzen, was die einzelnen verwendeten Begriffe jeweils bedeuten und in welchen Kontext sie von den gesellschaftlichen Gruppen gestellt werden.

1. Konfliktfelder

In den vergangenen Jahrhunderten war die Beziehung zwischen Menschen und wild lebenden Tieren insofern deutlich weniger mit Konflikten behaftet, als eine gesellschaftlich vollständig akzeptierte Differenzierung zwischen Nutztieren und deren Gegenspielern gegeben war. Insofern wurden von Menschen genutzte Tiere, sowohl genutzte Wildtiere, wie beispielsweise das Schalenwild, als auch genutzte Weidetiere, umfänglich gehegt, gepflegt und geschützt. Auf der anderen Seite wurden die auf diese Tiere einwirkenden Raub- oder Schadtiere oftmals gnadenlos verfolgt. Dieser Umstand ist insofern auch historisch verständlich, als die Gesellschaften der vergangenen Jahrhunderte essenzieller auf die planbare Verfügbarkeit von Nutztieren als Nahrungs- und Ressourcengrundlage angewiesen waren. Die auftretenden Konflikte waren somit monokausaler Natur und das Verfolgen von Schadtieren bis an oder über die Grenze ihres vollständigen Verschwindens hinaus war gesellschaftlich gelebte und akzeptierte Realität.

Die heutige Gesellschaft definiert dagegen aus guten Gründen den Wert einzelner Tiere deutlich umfangreicher und über eine reine Nutzen-Schaden-Beziehung hinaus. Selbst dann, wenn wie im forstlich-waldbaulichen oder landwirtschaftlichen Kontext auch heute noch der Einfluss von Tierarten auf die Landnutzung im Fokus steht oder aber nach wie vor bestehende Schadeinflüsse auf Nutztiere oder genutzte Kulturlandschaften gegeben sind, ist es gelebter gesellschaftlicher Konsens, dass jede Tierart ein Anrecht auf Existenz in den für sie geeigneten Lebensräumen hat und daher sowohl das Nutztier als auch das Schadtier geschützt sein soll. Dieser Umstand führt jedoch unweigerlich zu multikausalen Konfliktfeldern, bei denen eine oftmals schier unüberblickbare Fülle von Interessen unterschiedlicher Akteure in der Kulturlandschaft zu betrachten ist. Genau an dieser Stelle setzt ein modernes Wildtiermanagement an und stellt sich der Herausforderung, solche Konflikte zu moderieren und im besten Falle auf eine für alle gesellschaftlichen Gruppen akzeptable Schnittmenge zusammenzuführen. Ein modernes Wildtiermanagement kann daher nicht betrachtet werden, ohne dass es die zahlreichen bestehenden Konfliktfelder der verschiedenen Interessengruppen in den Fokus stellt (Pfannenstiel 2017). Eine besondere Herausforderung sind dabei die oftmals zahlreich zutage tretenden Widersprüche zwischen verschiedenen Zielen.

1.1 Wolf und Mensch

Eine akute Gefährdung des Menschen in Mitteleuropa ist derzeit nicht zu beobachten. Über Risikofaktoren der Wolfsattacken auf Menschen finden sich jedoch vor allem in der russischen Literatur Hinweise. Osmolovskaya & Priklonskii (1975) oder Ryabov (1988) sehen Nahrungsmangel beim Wolf, Tollwut und Hybridisation mit Haushunden als wesentliche Risikofaktoren. Linnell et al. (2002) unterscheiden dabei zwei wesentliche Situationen: Tollwuterkrankung beim Wolf und Prädation. Letzteres bedeutet, dass Wölfe in speziellen Situationen (z.B. Futterkonditionierung) den Menschen als Beute betrachten, wobei Letzteres in Mitteleuropa und Nordamerika seltenen Ausnahmesituationen (durch speziell konditionierte Individuen) vorbehalten ist (Linnell & Alleau 2016). Historische Untersuchungen, die das Verhältnis von Wolf und Mensch über längere Zeitschienen beleuchtet haben, werfen allerding auch ein sehr differenziertes Bild auf die Möglichkeiten der Gefährdungen in Kulturlandschaften. Eine der wohl umfangreichsten Studien aus dem deutschen Sprachraum dazu ist die Abhandlung über Wölfe in Schlesien (Klose 2015). Daraus lässt sich unterstellen, dass ein stabiler Wolfsbestand zu Gefährdungssituationen führen kann, auf die die Menschen durch Verhaltensumstellungen reagieren müssen. Die Hybridisation zwischen Wolf und Haushund stellt ein potenzielles Sicherheitsproblem für den Menschen dar. Haushunde sind über Jahrzehntausende durch züchterische Beeinflussung an den Menschen angepasst. Dabei wurden bestimmte Merkmale grundsätzlich (geringe Ängstlichkeit, sog. Wesensfestigkeit), andere Merkmale (z.B. Aggressivität) bei bestimmten Rassen züchterisch gefördert. Gelangen diese Merkmale bzw. Merkmalskombinationen in die frei lebende Wolfspopulation, besteht zumindest ein gewisses Risiko, dass von aus solchen Kreuzungen stammenden Individuen und deren Nachkommen ein größeres Gefahrenpotenzial für den Menschen ausgeht. Nach der Frühjahrsumfrage der Aachen-Münchner-Versicherung (AMV 2014) hat jeder zweite Deutsche (52 %) Angst vor Hunden, insbesondere vor Kampfhunden und solchen, die nicht unter Kontrolle sind. Auch der Wolf ist nicht unter Kontrolle; er hat keine natürliche Scheu (BfN 2017).

1.2 Wolf und Weidewirtschaft

Das wohl bedeutendste Konfliktfeld im Zusammenhang mit der Wiederbesiedlung Deutschlands durch den Wolf ist die Weidetierwirtschaft. Waren es zu Beginn der 2000er-Jahre im Wesentlichen die Halter kleiner Huftiere, insbesondere von Schafen und Ziegen, so finden wir zunehmend auch Angriffe auf größere Huftiere wie Rinder und Pferde (DBBW 2017). Huftiere jedweder Art sind die Nahrungsgrundlage des Wolfes; dabei unterscheidet er nicht nach Wildtier oder Weidetier, sondern Verfügbarkeit und Erreichbarkeit bestimmen die Beute. Der Konflikt zwischen Mensch und Wolf ist in diesem Punkt so alt wie die Weidetierhaltung. Er hat in weiten Teilen Europas zur Ausrottung oder zeitweiligen Verdrängung der Art geführt. In danach weitgehend oder vollständig wolfsfreien Gebieten bezog sich seitdem der Herdenschutz auf eine reine Ausbruchssicherung der Tiere. Ein Schutz von außen war nicht erforderlich. In Ländern mit durchgängigem Wolfsvorkommen enthält der praktizierte Herdenschutz hingegen immer ein Gefahrenmoment für den Wolf, sei es, dass Herdenschutzhunde gehalten werden oder dass Hirten bewaffnet waren oder sind (z.B. Tradition der Lupara in Italien). Der Konflikt mit der Weidetierhaltung berührt vier unterschiedliche Dimensionen:

  • Ökonomische Probleme werden einerseits durch die unmittelbaren Schäden (verletzte und getötete Tiere, Sachschäden durch in Panik versetzte Tiere, Nachfolgeschäden wie z. B. das Verlammen) verursacht, zum anderen durch die Forderung nach Herdenschutzmaßnahmen. Letztere sind in der Regel Voraussetzungen für Kompensationszahlungen an Tierhalter. Dabei ist neben der Wirksamkeit dieser Maßnahmen auch die ökonomische und arbeitstechnische Machbarkeit zu berücksichtigen. Einmal festgelegte Maßstäbe müssen einheitlich und langfristig verbindlich sein.
  • Artenschutz und Biodiversität stehen häufig in enger Verbindung zur extensiven Weidewirtschaft. Eine im Interesse des Herdenschutzes flächendeckende wolfssichere Zäunung führt zur Zerschneidung von Lebensräumen und gefährdet die Kleinfauna.
  • Für die Verkehrssicherheit sind ausbruchssichere Zäune erforderlich, deren Art und Umfang nach den Maßstäben der Weidehaltung haftungsrechtlich festgelegt ist, um den Tierhalter vor den finanziellen Folgen eines Herdenausbruches zu schützen. Einen technisch wirksamen und tierschutzgerechten Schutz gibt es für größere Weidetiere wie Rinder und Pferde nicht.
  • Der Tierschutz bildet die gesetzliche Grundlage jedweder Tierhaltung; das Tierwohl als gesellschaftliche Forderung kommt hinzu. Zum Tierschutz gehört auch, dass die Weidetiere bestmöglich vor dem Wolf oder anderen Prädatoren geschützt werden.

Die Erfahrungen historischer Wolfsländer auch wiederbesiedelter Regionen (Frankreich, Schweden) zeigen, dass ein rein passiver Herdenschutz auf Dauer seine Wirkung verliert. Immer dichtere oder höhere Zäune erzeugen ebenso wie Herdenschutzhunde andere, nicht lösbare Konflikte. Daher sind rechtzeitig auch letale Maßnahmen vorzusehen, wenn Wölfe wiederholt geschützte Weidetiere attackieren bzw. erbeuten. Eine Spezialisierung solcher Wolfsrudel ist nachhaltig zu verhindern. Es liegt in der Verantwortung des Managements, dass diese Fähigkeiten nicht über Nachkommen in andere Rudel weitergetragen werden. Diese Maßnahme ist nach § 45 (7) 1 BNatSchG begründet.

1.3 Wolf und Forstwirtschaft bzw. Jagd

In der Vergangenheit gingen nicht wenige forstliche Interessenvertreter davon aus, dass das Wiederauftreten des Wolfes vor allem positive Auswirkungen auf die Waldwirtschaft hat. Die Vorstellungen gingen teilweise so weit, dass die Notwendigkeit der Jagd als solche in der Vergangenheit regelmäßig damit begründet wurde, dass die großen Prädatoren in unserer Zivilisationslandschaft fehlen, was im Umkehrschluss zu der Vorstellung führte, dass mit Rückkehr des Wolfes eine Schalenwildbejagung aus forstlicher Sicht langfris- tig deutlich weniger intensiv als heute erfolgen müsse oder sogar überflüssig werde. Die damit verbundenen Hoffnungen haben sich nach 18 Jahren Wiederbesiedlungsgeschichte nicht erfüllt. Es ist von keinem Forst- betrieb, selbst in den sächsischen oder brandenburgischen Wolfsge- bieten, bekannt, dass er mittlerweile die Bejagung von Schalenwild signifikant reduziert hätte. Gleichzeitig mehren sich die Befürchtun- gen, dass die Anwesenheit des Wolfes im Gegenteil zu vermehrtem Verbiss der Waldvegetation führt. Diese stützen sich auf Beobachtun- gen über Reaktionen des Schalenwildes, insbesondere des Rot- und Damwildes, bei neuem Auftreten des Wolfes in einem Gebiet (u.a. Bildung großer Rudel, verminderte Lenkbarkeit durch jagdliche Eingriffe). Leider fehlen zu dieser Frage bislang fundierte Erkenntnisse. Vielmehr zeigen bisherige Erfahrungen mit der Bejagung des Schalenwildes in Anwesenheit des Wolfes, dass diese zum Teil schwieriger geworden ist, wenngleich die Jagdstrecken bislang nur örtlich – dort allerdings teils drastisch – zurückgehen. Zudem ergeben sich vielfache Erschwernisse für die ordnungsgemäße Bejagung von Grundflächen. Allem voran steht dabei der Einsatz von Jagdhunden im Fokus. Bereits jetzt gibt es erste Fälle in den östlichen Bundesländern, bei denen Hunde im jagdlichen Einsatz Opfer von Wölfen wurden.

Angesichts erster Erfahrungen werden zukünftig zwischen den Nutzergruppen abgestimmte Konzepte erforderlich, denn

  • die einzelnen Schalenwildarten sind sehr unterschiedlich durch den Wolf betroffen, von der allmählichen Ausrottung des Muffelwildes bis zu nicht messbaren Auswirkungen auf die Population beim Schwarzwild,
  • das Schadenspotential Rudel und Rottenbildender Arten unter dem Einfluss des zusätzlichen „Jägers” Wolf scheint deutlich unterschätzt,
  • eine großflächige Reduktion des wiederkäuenden Schalenwildes zugunsten ökonomischer Ziele im Wirtschaftswald kann unter dem zusätzlichen Einfluss des Wolfes regional zum Zusammenbruch von Vorkommen führen.
Ebenso darf nicht unterschätzt werden, dass sich bei Vorkommen von Wölfen die Wildbestände verringern können und in der Folge eine Verringerung des Jagdertrages und damit eine Minderung des Jagdwertes (geringere Pachtpreise) eintritt. Grundsätzlich ist Wild herrenlos und ein Anspruch des Jagdausübungsberechtigten auf eine bestimmte Jagdstrecke besteht nicht. Zudem gilt rechtlich, dass mit der Verpflichtung zur Förderung besonders geschützter Arten kein Mangel des Pachtvertrages einhergeht (Goetjes 2018).

Dennoch darf dieser Umstand jagdpolitisch nicht vernachlässigt werden, da die Bereitschaft zur Übernahme jagdlicher Verpflichtun- gen durch Pächter und anderweitig Jagdausübungsberechtigte mit der Bereitschaft zur Übernahme von Wildschäden korrespondiert. Erste Erfahrungen zeigen bereits heute, dass diese Bereitschaft schwindet und die entstehenden Wildschäden auf den Eigentümer bzw. Jagd- genossen zurückfallen. Hierbei ergibt sich zukünftig immenses Kon- fliktpotenzial für die ländlichen Räume.

1.4 Wolf versus Arten-, Natur- und Küstenschutz

Inwieweit der Wolf als Prädator in der Lage ist, andere, ebenfalls gefährdete Arten lokal zu beeinträchtigen, ist bisher ebenfalls kaum untersucht. Akute Gefahr besteht derzeit für das Mufflon (Ovis ammon musimon), welches aufgrund seiner Inselherkunft nicht an große, bodengebundene Prädatoren angepasst ist. Das besondere Problem ist, dass die Unterart „musimon” in ihren ursprünglichen Lebens- räumen kaum noch vorhanden und dort vor allem durch Wilderei weiterhin vom Aussterben bedroht ist. Sie ist weltweit nur deshalb nicht unmittelbar vom Aussterben bedroht, da in großen Teilen Mitteleuropas, quasi Ex situ, Mufflonvorkommen nicht unbeträchtlichen Ausmaßes existieren (vgl. dazu auch Piegert & Uloth 2000). Die aktuelle Situation des Mufflons kann daher auch als eine umfangreiche ex-situ-Generhaltungsmaßnahme verstanden werden, welche durch das Auftreten des Wolfes in Mitteleuropa langfristig in Frage gestellt wird.

Details zu den damit zusammenhängenden biogeographischen und naturschutzfachlichen Fragen finden sich bei Herzog & Schröpfer (2016). Mit der naturschutzrechtlichen Seite beschäftigen sich Guber & Herzog (2017) ausführlicher. Auch die Erhaltung seltener Haustierrassen unter den Huftieren sollte als ein Naturschutzziel nicht vernachlässigt werden. Die Haltung erfolgt zumeist nicht gewinnorientiert und ehrenamtlich. Die Forderung nach aufwendigen Herdenschutzmaßnahmen kann leicht dazu führen, dass sich private Halter aus dieser Aufgabe zurückziehen. Die Weidetierhaltung hat auch eine naturschutzfachliche Seite: Eine Vielzahl heutiger schutzwürdiger Offenlandlebensräume, wie z.B. Trocken- und Magerrasen, ist auf eine regelmäßige Beweidung angewiesen, vor allem in schwer zugänglichem Gelände. Insbesondere im Bereich der Küsten Norddeutschlands kommt einer flächendeckenden Beweidung, insbesondere mit Schafen, nicht nur Landschafts- und Naturschutzaufgaben zu, sondern diese dient vornehmlich dem Küstenschutz. Erosion und damit Gefährdung von Deichbauwerken wird durch umfangreiche Schafweide zuverlässig und kostengünstig verhindert. Das Ausmaß dieser flächendeckenden Beweidung, die rechtliche Situation in Bezug auf den Küstenschutz ebenso wie die touristische Nutzung der Küstenlandschaften lassen umfangreiche Herdenschutzmaßnahmen durch Zäune a priori nicht zu.

2. Was ist Wildtiermanagement?

Unter Wildtiermanagement versteht man die Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung vordefinierter Zielvorstellungen für eine Wildtierart, die sich auf die Populationsgröße, -dichte oder Verbreitung beziehen können (Caughley & Sinclair 1998). Die möglichen Maßnahmen zur Erreichung dieser Zielvorstellungen sind vielfältig (u.a. Totalschutz einer Wildtierpopulation, Reduktion, nachhaltige Bejagung). Die Auswahl und die Durchführung der Maßnahmen erfordern laufende Kontrollen (Monitoring), um den gewünschten Erfolg festzustellen und gegebenenfalls Anpassungen zu treffen. Dabei müssen in der vom Menschen geprägten und genutzten Kulturlandschaft alle betroffenen Interessengruppen eingebunden werden. Auch die Information der Öffentlichkeit ist ein für den Erfolg vieler Managementmaßnahmen bedeutender Teil eines modernen Wildtiermanagements. Da Ziele gemeinsam erreicht werden sollen, werden in Managementplänen diejenigen Maßnahmen definiert, die dazu als geeignet erscheinen. Gleichzeitig verständigen sich die Akteure auf ein gemeinsames Monitoring, um das Erreichen der Ziele beurteilen zu können. Ein Management ohne Monitoring ist genauso undenkbar, wie Monitoring ohne nachfolgendes aktives Management auf Basis der gewonnenen Daten sinnlos ist.

Genau genommen besteht jedes Wildtiermanagement somit aus zwei essenziellen Säulen, die nur im Zusammenspiel einen erfolgsorientierten Sinn ergeben:

  • aus dem Management im engeren Sinn, welches die Summe aller Maßnahmen darstellt, auf die man sich verständigt, damit die zuvor gemeinsam festgelegten Ziele erreichbar werden;
  • aus dem Monitoring, welches die Summe aller Parameter beinhaltet, auf die man sich ebenso gemeinsam verständigt hat, damit die Zielerreichung in einem zu definierenden Zeithorizont beurteilbar und skalierbar wird.

Ein Managementplan beinhaltet daher die Beschreibung der Vergangenheit, die Feststellung der Gegenwart und den gemeinsamen Blick in eine zu erreichende Zukunft. Er ist an abrechenbaren Zielen orientiert und gibt den Betroffenen die Sicherheit auf konkrete Hilfe und Unterstützung. Dennoch muss er eine vereinende Vision definieren, die durchaus einen langfristigen Zielcharakter haben kann. Das Wolfsmanagement der Zukunft in Deutschland muss sich daher von einem passiven Management zu einem aktiven Bestandsmanagement entwickeln, in dem akzeptierte gesellschaftliche Ziele als Kompromiss zwischen verschiedenen Interessen den betroffenen Akteursgruppen eine Vorstellung von einer gestaltbaren Zukunft vermitteln.

3. Das Management der Zukunft

Das Wolfsmanagement der Zukunft wird anerkennen müssen, dass der Wolf genauso in unserer Kulturlandschaft angekommen ist, wie es viele andere Arten seit Langem sind, die völlig selbstverständlich und gesellschaftlich akzeptiert unter der Definition von konkreten Zielsetzungen gemanagt werden. Dabei ist es grundsätzlich wichtig und keinesfalls zu kritisieren, dass eine Tierart, die über einen langen Zeitraum hinweg als annähernd verschwunden galt, bei ihrer Rückkehr zunächst mit den Instrumenten der Öffentlichkeitsarbeit und der wissenschaftlichen Forschung begleitet wird. Mit fortschreitender Etablierung des Bestandes, der auch einen Beitrag zum günstigen Erhaltungszustand der jeweiligen Population leistet, erhält die zweite Säule des Wildtiermanagements einen immer größeren Stellenwert.

Diese zweite Säule des Wolfsmanagements, die man als den aktiven oder auch direkten Ansatz bezeichnet, beschäftigt sich sowohl mit dem Bestandsmanagement der Art selbst als auch mit dem Management jener Tierarten und deren Schutzsystemen, auf die der Wolf einwirkt. Je stärker sich der Wolfsbestand in Deutschland stabilisiert, desto umfänglicher ist die zweite Säule des aktiven Bestandsmanagements auszubauen. Dabei werden sicherlich die Öffentlichkeitsarbeit und die wissenschaftliche Begleitung des Wolfes in gleichem Umfang betrachtet werden müssen wie die Elemente des Weidetier- und des Bestandsmanagements. Auch ein künftiges Management des Wolfes unterliegt den internationalen, vor allem europäischen Regelungen, insbesondere der FFH-Richtlinie. Auch wenn dort entsprechende Änderungen (vor allem eine Anpassung des Schutzstatus durch Aufnahme in Anhang V sowie eine Flexibilisierung durch entsprechende Anwendungsdokumente der Kommission) wünschenswert sind, muss die unmittelbare rechtliche Umsetzung auf der nationalen Ebene erfolgen. Auch im Status quo der europäischen Richtlinien gibt es dabei Spielräume, die ein aktives Management zulassen (im Einzelnen wird darauf im Kapitel 7 eingegangen).

Mit einem aktiven Management des Wolfes wird in Deutschland wieder Neuland betreten. Maßnahmen, mit denen in die Bestände eingegriffen wird, müssen erprobt und deren Umsetzung auf breiter Basis erlernt werden. Zweifelsfrei ist davon auszugehen, dass das aktive Wolfsmanagement der Zukunft eine Reihe von gesetzlichen und administrativen Änderungen auf verschiedenen politischen und administrativen Ebenen mit sich bringen muss. Die endgültige Rückkehr des Wolfes in deutsche Kulturlandschaften samt der entsprechenden Akzeptanz kann nur gelingen, wenn sich alle Akteure diesem Schritt mutig und mit Blick auf das realistisch Machbare und Notwendige gleichermaßen stellen.