BIOLOGIE, VERHALTEN, LEBENSRAUM

DER WOLF

Biologie, Verhalten, Lebensraum

Der Grauwolf (Canis lupus L.) gehört zu den Tierarten mit dem weltweit größten Verbreitungsgebiet. Dieses erstreckte sich ursprünglich zirkumpolar über die gesamte Nordhalbkugel. Der Wolf als euryöke Art gilt als Generalist, der nahezu alle Lebensraumtypen mit Ausnahme aquatischer und semiaquatischer sowie teilweise hochalpiner Lebensräume besiedeln kann. Weltweit zeigt sich, dass Wölfe grundsätzlich auch suburbane und urbane Lebensräume nutzen können. Wölfe sind hochgradig sozial lebende Tiere, die als Familienverband (Rudel) territorial leben. Die Rudel setzen sich aus den Elterntieren und wechselnden Mitgliedern nachfolgender Generationen zusammen. Die Größe der Rudelterritorien ist offenbar abhängig von der lokalen Beutesituation und daher auch schwankend; in Mitteleuropa werden derzeit Werte zwischen 100 und 350 km² genannt. Nach Paarung im Februar/März kommen im April/Mai etwa vier bis acht (gelegentlich bis zu zehn) Welpen zur Welt.


Im Alter von 10 – 24 Monaten, typischerweise mit Erreichen der Geschlechtsreife, verlässt ein Teil der Jungwölfe das Rudel; ein anderer Teil verbleibt im elterlichen Territorium und unterstützt die Eltern beim Beuteerwerb und der Aufzucht der Jungtiere des Folgejahres. Die abwandernden Jungtiere suchen neue Partner und Lebensräume in Form unbesetzter Territorien. Dabei können weite Strecken von oft mehreren Hundert Kilometern zurückgelegt werden. Aus Sicht des Wolfes gibt es grundsätzlich keine ungeeigneten Lebensräume. Das derzeit auffällige Besiedlungsmuster in Deutschland, welches ein in nordwestlicher Richtung verlaufendes Band bildet (siehe Abb. 4), lässt sich durch unterschiedliche Hypothesen erklären. Neben der westlichen Hauptwindrichtung und der Lage der Urstromtäler, welche die Dispersion erleichtern dürften, könnten das Vorkommen von Rotwild (oder Damwild) als einem wesentlichen Nahrungsbestandteil oder das Vorhandensein unzerschnittener Räume eine Rolle bei der Bildung sesshafter Rudel spielen. Der Wolf hat ein sehr breites Nahrungsspektrum. In Mitteleuropa ernähren sich Wölfe im Wesentlichen von wild lebenden Huftieren (Schalenwild). In Deutschland steht derzeit Rehwild vor Rotwild an erster Stelle, gefolgt von Schwarzwild. Der Wolf nutzt als Nahrungsgeneralist diejenigen Beutetiere, welche risikoarm und energiesparend verfügbar sind (Mech & Boitani 2003). Das Nahrungsspektrum kann lokal und im Zeitverlauf unterschiedlich sein. Auch Weidetiere werden regelmäßig erbeutet, insbesondere Schafe und Ziegen sowie Gehegewild, aber auch Rinder (zumeist Kälber) und gelegentlich Pferde. Der Anteil an Nutztieren an der Beute des Wolfes hängt ganz offensichtlich von der Abundanz wilder Paarhuferarten in der Region ab. Dies zeigen beispielsweise Sidorovich et al. (2003) für Weißrussland und Vos (2000) sowie Torres et al. (2015) für die Iberische Halbinsel. Die häufigste anthropogene Todesursache für den Wolf stellt in Deutschland der Straßenverkehr dar (vgl. www.dbb-wolf.de/totfunde).

Wolfsvorkommen in Deutschland im Monitoringjahr 2017/2018 (Quelle: Bundesamt für Naturschutz, nach den Monitoringdaten der Bundesländer.)